›› come from - Lager [BlattClan]

Mit jedem Schritt, den Fuchsblüte auf den laubbedeckten Boden setzte, waren ihre Pfoten instinktiv immer schneller geworden. Als würde sie auf der Jagd sein - auf der Jagd nach der Freiheit. Ihr Schatten verschwamm mit der Umgebung, während sie sich zwischen Bäumen und Sträuchern hindurch ihren eigenen Weg bahnte. In solchen Moment war ihr zweifellos klar, dass sie solch ein Leben für nichts und niemand aufgeben würde. Natürlich war sie nicht gänzlich unabhängig, wenn man den Clan bedachte, dem sie treu verpflichtet war. Doch für sie war dieser schließlich bloß dafür da, ihre Selbsterhaltung zu sichern, insbesondere in harten Zeitperioden. Und die Freiheit, die ihr trotz des Clans blieb, war ihr natürlich absolut ausreichend.
Fuchsblütes Lauf brach nicht ab, sie genoss den herbstlichen Gegenwind und beobachtete aufmerksam, wie sich die Dichte der Bäume zunehmend verringerte. Und schon bald stand die Kriegerin einer offenen und wilden Wiesenlandschaft entgegen. Im Schein der Morgenröte hielt sie an. Das Heideland.
Auch wenn sie ihrem Weg kein klares Ziel gesetzt hatte, wusste sie nun genau, wo sie sich befand. Und zudem erschien es ihr ein wirklich schöner Ort, der sich zu erforschen lohnte.
Fuchsblüte bahnte sich ihren Weg gemütlich durch die hohen Gräser und genoss nebenbei wie diese an ihrem Fell entlang streiften. Ihr Blick schweifte über das Gelände und hielt Ausschau nach Auffallendem. Unter anderem auch Beute.

Wachsam waren Fuchsblütes Sinne, während ihre zierlichen Pfoten sie durch das hohe Gras führten. An solch einem frühen Morgen würde sie mit Sicherheit auf ein wenig Beute stoßen. Schließlich war selbst der morgendliche Nebel noch nicht gänzlich gewichen. Und auch wenn die emporsteigende Sonne den Tau schon glitzern und den Tag beginnen ließ, würden sich Mäuse zweifelsfrei noch in bedenkenloser Sicherheit wiegen und erst recht keine jagenden Zähne erwarten. Selbstverständlich zugunsten von Fuchsblüte.
Ihre Nase arbeitete sich gerade kleinweise am Boden entlang, als ihr ein leichter Windhauch plötzlich etwas Auffälliges entgegenwehte. Und wieder entwichen ließ.
Ruckartig hob die Kriegerin den Kopf, witterte wie wild in der Luft herum. Was war das? Sie versuchte sich zu konzentrieren und all ihre gespeicherten Kenntnisse mit dem kurzzeitigen Duft abzugleichen. Doch kam sie nicht drauf.
Noch immer zuckte ihr Näschen im Gedanken daran, bis sie dies letztlich ins Unterbewusstsein verschob und sich stattdessen wie bisher der Beutesuche widmete.
Aber dieses Vorhaben war nicht lange denkbar. Nicht weit von ihr blitzte mit einem Mal schwarz-weißer Pelz auf. Für einen Wimpernschlag zuckte Fuchsblüte zusammen, wirbelte ohne Zögern instinktiv herum. Mit dem festen Gedanken sich sicherheitshalber rasch aus dem Staub zu machen.
Doch plötzlich ging in ihr ein Licht auf, als ihr der nun verstärkte Geruch deutlicher entgegenkam.
Eine Hauskatze, begriff sie und hielt sich im letzten Moment von einer Flucht ab. Das Fortlaufen vor einer Mieze schien ihr in dem Moment schon beinahe lächerlich. Hauskätzchen stellten keine ernste Gefahr dar, das hatten sie einige wenige Begegnungen bereits gelehrt. Vielmehr wurden diese Pfötchen, in Obhut der Zweibeiner, als schwächer und naiver als Clankatzen angesehen. Fuchsblütes Erfahrung hatte dem nie widersprochen, sondern eher unbestritten bestätigt.
Somit drehte sie sich ihm wieder zu und betrachtete seine Erscheinung erstmals aus gewisser Ferne. Es war zweifellos ein Kater. Gewiss hatte auch er sie längst entdeckt und ließ ihr seine tiefgelben Iriden nun entgegenstrahlen.
Mit Sicherheit war er aus dem Zweibeinerort, welcher an dem Territoriums des BlattClans angrenzte. Dort gab es einige dieser verwöhnten Vierbeiner. Doch selten geschah es, dass diese sich wie in dem Fall derartig weit von ihrem Zuhause entfernten.
Ob sich dieser hier verirrt hat?
Eines war klar: Durch bloßes Beäugeln würde sie dies nicht erfahren.
Die Kätzin nahm nach anfänglichem Zögern und angewurzeltem Stehen einen tiefen Atemzug, um endlich auf den Schwarz-weißen zuzutreten. Und ihre Neugierde damit zu stillen.
»Hallo...«, sprach Fuchsblüte den Fremden mit Vorsicht und genügend Abstand an. Dass ihr Blick ihn dabei genaustens in Augenschein nahm, war deutlich zu erkennen.

Mit seiner erwiderten Begrüßung kam Fuchsblüte in derselben Sekunde eine leichte Unsicherheit vom Kater entgegen. Dies beruhigte sie insgeheim. So schien auch er in diesem Moment noch ungewiss mit der Situation umzugehen, aber vor allem keinesfalls auf Sturm aus zu sein.
»Wer bist du?«, fragte die Kätzin und legte den Kopf schief – neugierig und aufgeschlossen, wie immer, selbst wenn sie jemanden eigentlich nicht leiden kann. »Du kommst aus dem Zweibeinerort, nicht wahr?«
Natürlich wusste Fuchs, was sie eigentlich hätte tun müssen. Den Fremden kritisch zur Rede stellen und ihn als Eindringling verurteilend verjagen. Nun, diese Vorgehensweise war selbstverständlich nicht in ihrem Sinne. Völlig auf sich allein gestellt, könnte sie niemals den nötigen Mut aufbringen, sich mit jemandem entschlossen anzulegen. Niemals. Wie könnte sie schließlich riskieren, dass man sich gegen ihr Wesen wandte. Sie wusste nicht, ob ihr Gegenüber sich vielleicht dabei verteidigen würde – besser als sie es könnte. Vielleicht war er gar nicht allein und hielt andere seiner Verbündeten im hohen Gras versteckt, nur darauf wartend auf sie loszupreschen. War sie paranoid? Womöglich. Doch würde sie selbst viel mehr von strenger Vorsicht und instinktive Skepsis sprechen, als die Bezeichnung direkt auf Einbildung zu lenken.
Selbst wenn es nur ein Hauskätzchen war, mit welchem sie ihren Weg gekreuzt hatte, lieber war sie wohlwollend und schuldlos, weder Groll noch Hass auf sich ziehend.
Dass sie in Anwesenheit des Clans in dieser Situation anders hätte handeln müssen – und auch gehandelt hätte – war stetig in ihren Gedanken. Doch ohne die Abschirmung anderer, welche ihre Sicherheit bewahrten, konnte sie nur das tun, was sie immer tat. Liebenswürdigkeit auszustrahlen und unter keinen Umständen in jemandes Schusslinie geraten.